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Frühjahrs-Diözesanversammlung der KLJB Würzburg

Wort zum Sonntag 05.05.2024

Niels Hönerlage, Pfarrer in Weißenbach, Detter, Heiligkreuz

Luthers religiöser Waschzwang

Leider hinterlassen meine Mahlzeiten immer wieder Spuren auf meinen Klamotten, komischerweise vor allem Getränke. Das ist oft nicht sehr angenehm, vor allem in der Öffentlichkeit. Ein besonders schlimmer Moment war für mich dabei die letzte mündliche Prüfung auf dem Weg zum Pfarrer. Mündliche Prüfungen haben mich schon immer nervös gemacht und ich war ganz schön aufgeregt. Um mich zu beruhigen, sind ein Kollege von mir und ich vor der Prüfung mit einer Tasse Kaffee spazieren gegangen. Der Großteil des Kaffees landete dabei nicht in mir, sondern auf meinem weißen Hemd und ein Ersatzhemd hatte ich nicht dabei. Ich hatte also keine Wahl, ich musste mit fleckigem Hemd in diese so wichtige Prüfung.

Im Prüfungsraum saßen mir drei Prüfer gegenüber, ein Tisch zwischen uns. Ich mit meinem fleckigen Hemd fühlte mich unheimlich klein. Die Prüfer auf der anderen Seite, alle drei mit sauberen, mit strahlend weißen Hemden, kamen mir wahnsinnig groß vor. Und jetzt sollten sie mich beurteilen, sollten prüfen und schauen, ob ich alles richtig mache. Ein unangenehmes Gefühl.

Die Prüfung selbst war gar nicht so schlimm. Die Prüfer haben sich als nett, ja als gnädig herausgestellt. Schließlich habe ich die Prüfung bestanden und es ging gut aus, trotz meines Hemdes.

Dieses Gefühl so ganz kurz vor der Prüfung, ich kleiner Mensch auf der einen Seite, gegenüber die großen und mächtigen Prüfer, dieses Gefühl hat etwas ganz und gar Religiöses.

Ich denke da an Luther, der sich so seine Begegnung mit Gott vorstellt. Luther ganz klein und Gott ganz groß. Gott, der ihm gegenübersitzt und ihn bewertet, über ihn urteilt. Und Luther der verzweifelt und sehr ängstlich versucht alles richtig zu machen, der versucht mit einer weißen Weste zu Gott zu kommen und doch immer wieder feststellt: Sein Hemd ist fleckig. Egal wie oft Luther das Hemd wäscht, es bleibt dreckig.

Luther versucht wahrlich viel, er geht dafür sogar ins Kloster. Wenn man so will, entwickelt er eine Art religiösen Waschzwang. Und doch steht Luther immer mit dreckigem Hemd vor Gott. Er ganz klein und Gott ganz groß. Das macht ihm Angst, er fürchtet sich vor diesem ungnädigen Gott.

Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: »Der Gerechte wird aus Glauben leben.« (Römerbrief Kapitel 1, Vers 17).

Mit diesem Bibelvers ändert sich Luthers Verständnis der Bibel und seines Glaubens und seine Angst vor Gott verschwindet. Die reformatorische Wiederentdeckung macht Luther klar: Gott ist gnädig, auch wenn ich mit dreckigem Hemd vor ihm sitze. Er empfängt mich mit offenen Armen, auch wenn ich nicht reingewaschen bin. Mehr noch: Ich kann mich gar nicht selbst reinwaschen, ich werde reingewaschen. Ich werde reingewaschen durch das, was Gott in Jesus Christus tut.

Für Luther bedeutet das natürlich nicht, dass er sich nun zurücklehnt und fröhlich vor sich hin kleckert. Aber eine Last fällt von ihm ab, er fühlt sich befreit. Er fühlt sich befreit, weil er nun weiß: Gott empfängt ihn, Gott empfängt uns alle mit offenen Armen, selbst dann, wenn wir mit schmutzigen Klamotten vor ihm stehen.

Pfarrer Niels Hönerlage – Weißenbach, Detter, Heiligkreuz