Auch bei mir selbst kenne ich solche Momente der Schwachheit. Am Krankenbett ist jedoch oft eine andere Form der Stärke spürbar. Menschen erkennen, wo ihre Ressourcen liegen – in der Liebe der Familie etwa oder in ihrem Glauben an Gott. Für mich ist es immer wieder ein Geschenk, daran teilhaben zu dürfen. Denn auch mir tut die Vorstellung gut, dass wir als Christen einen Gott haben, der selbst schwach war: Jesus hat geweint vor Angst und fühlte sich von allen verlassen. Hierin teilt er unser tiefstes Leid und gibt uns zugleich Kraft, weil er eben nicht von außen zuschaut, sondern uns von innen heraus stärken kann.
Die Kraft, die Jesus den Menschen während seines Lebens und besonders in seinem Sterben vermittelt hat, ist seine Liebe. „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ und „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ – das sind zwei entscheidende Sätze der Bibellesungen an diesem Sonntag. Zuneigung und Gemeinschaft stecken da drin. Für mich heißt das: Wenn wir einander freundlich begegnen, lernen unsere Schwachheit beiderseitig anzunehmen, dann können wir uns gegenseitig aufrichten und stärken – ganz im Sinne Jesu.
Kerstin Gerlach, Pastoralreferentin im Team der Ökumenischen Klinikseelsorge am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau